Ledergalanteristen am Werk - bei R.Horn's Wien

Als ich kürzlich durch die Schaufenster des neu eröffneten Shops von R.Horn’s in der Wiener Herrengasse schaute und beim Anblick der wunderschönen Taschen an Weihnachten dachte, beschloss ich, die Werkstatt zu besuchen.

Der Geruch von feinem Leder, den die Mitarbeiter nach vielen Jahren Arbeit dort nicht mehr wahrnehmen, kitzelt angenehm in der Nase. Unzählige sorgfältig gerollte farbige Lederhäute füllen ganze Regale – man möchte sie angreifen und die Qualität hautnah fühlen. Nebenan hört man eine Ledernähmaschine surren – dort werden aus zugeschnittenen Einzelteilen die edlen Produkte zusammengesetzt und mit Ösen, Druckknöpfen und Schnallen ausgestattet. Und hier erhalten sie auch den Prägestempel, das Logo der Marke.

Julian Horn, Sohn vom Firmengründer Robert Horn, stellt mir die Mitarbeiter vor und erklärt mir einzelne Produktionsschritte.

Die Entwürfe und Ideen kommen vom Chef Robert Horn oder von Kunden, die sich hier ihren ganz persönlichen Taschentraum erfüllen lassen. Wobei Taschen sind nicht die einzigen Produkte, die hergestellt werden – mittlerweile sind es ca. 100 verschiedene Kleinlederwaren,  die das bunte Portfolio ausmachen und vor allem im deutschen Sprachraum aber auch in den USA und Fernost sehr geschätzt werden.

Begonnen hat alles Anfang der 80iger Jahre, als Robert Horn – vielseitig begabt und interessiert - sein ganz spezielles Betätigungsfeld gesucht und damals in Lederaccessoires für Herren gefunden hat. Ein Foto aus den 1920iger Jahren von Thomas Mann, der eine Aktentasche in der Hand hält, war unter anderem die Inspirationsquelle für eine Tasche, die inzwischen ein R.Horn’s Klassiker ist. Ein weiterer berühmter Mann dieser Zeit – Sigmund Freud – spielt ebenfalls eine Rolle; „sein“ Brillenetui wird hier bis heute exklusiv von Hand gefertigt und mit einem entsprechenden Stempel versehen.

War die erste Kollektion cognacfarben, hat sich die Farbpalette mit den Jahren deutlich erweitert – heuer gab es zum Beispiel Taschen und Accessoires in sonnigem Gelb und kühlem Mint.

Die Entwürfe folgen grundsätzlich einem klassischen Vorbild aus der Zeit der Wiener Werkstätte und Entwerfern wie zum Beispiel Adolf Loos oder Josef Hoffmann mit einer klaren schnörkellosen Formensprache und besonderen funktionalen Details. Man läuft keiner kurzlebigen Mode hinterher, sondern gestaltet Produkte, die über Jahre eine wunderschöne Patina bekommen und zum Lieblingsstück ihrer Benutzer avancieren. Deshalb braucht man auch keine laute Werbung – die erstklassige Qualität spricht sich unter Kennern schnell herum.

Von A wie Ausleerer bis Z wie Zipp Börse -  bei einer Auswahl von über 100 Produkten wird man bei R.Horn’s garantiert fündig.

Mich interessiert natürlich, wie neue Entwürfe oder Ideen umgesetzt werden und werde überrascht: „Mein Vater kommt manchmal am Vormittag mit einer Idee in die Werkstatt, dann wird ein Plan besprochen und am Nachmittag gibt es meist schon den ersten Prototypen. Dieser wird perfektioniert und einige Tage später stehen Einzelexemplare bereits in den Geschäften. Hier bekommen wir die direkte Rückmeldung vom Kunden – gefällt oder gefällt nicht. Wenige Stücke blieben bisher Eintagsfliegen – die meisten gingen dann in Serie“.

Hut ab – es ist großartig – wenn man als Hersteller von der Idee über das Material, das Handwerk bis zum Verkauf alles in der Hand hat. Man muß sich natürlich auf die Mitarbeiter und deren Sorgfalt verlassen können – der Qualitätsanspruch ist hoch. Man sieht es bei R.Horn’s Produkten an Details wie dem Wiener Einschlag. Das Leder wird nach innen geschlagen, verklebt und erst dann vernäht – so gibt es keine offenen Kanten. Man steht dazu, ein aufwändiges Handwerk zu betreiben – die Produkte halten dann auch bis zu 20 Jahren und wachsen den Kunden ans Herz. Reparaturen erledigt man selbstverständlich im Haus – ein Service, zu dem der Kunde auch immer einen guten Rat zur Pflege vom Fachmann bekommt.

Die Mitarbeiter in der Werkstatt verstehen ihr Handwerk – sie sind schon lange dabei und wissen genau, worauf es bei jedem Produkt ankommt. Gibt es denn noch eine Ausbildung in Wien für dieses Handwerk will ich wissen. Im Fachjargon heißt der Beruf heute Ledergalanteriewarenerzeuger und Taschner – in Wien gibt es im 3. Bezirk in der Ungargasse eine dreijährige Ausbildung, die man als Geselle abschließt. Es existieren nur noch wenige Unternehmen in Wien, die selbst fertigen und so das Handwerk lebendig erhalten.

R.Horn’s Wien ist als Unternehmen organisch gewachsen, heute verkauft man die Lederwaren in vier Geschäften im ersten Bezirk – seit Anfang November gibt es den Shop in der Herrengasse – hier kommen viele Touristen vorbei. Manche werden ganz gezielt das Geschäft betreten, weil sie die Produkte schätzen und bereits im Onlineshop eingekauft haben. Das analoge Erlebnis ist jedoch viel inspirierender als der virtuelle Kauf – man kann die Dinge bei Tageslicht betrachten, bekommt kompetente Beratung und wenn man Glück hat, ist einer der Horns auch persönlich anwesend.

Ich verabschiede mich von den Lederspezialisten und verlasse die Werkstatt wirklich beeindruckt.

Vermutlich geht es allen Kunden so wie mir - die Qualität der Produkte von R.Horn’s Wien ist in jedem Fall und zu jeder Jahreszeit einen Spaziergang in eines der Geschäfte wert.

 

Dieser Blogbeitrag entstand im Auftrag der WIEN PRODUCTS. www.wienproducts.at