Einige sind echt antik. Andere stehen gern in Kaffeehäusern herum. Neuerdings auch in shared spaces und creative labs – die meisten jedoch fristen ein langweiliges Dasein in Büros von Beamten und Hofräten. Sogar der UHBP hat einen hinter der Tapetentür – munkelt man. Und da sind wir schon im Epizentrumder Macht.
Schreibtische – an sich ein Produkt, das man vom blaugelben Anbieter bis zum Exklusivmöbelhändler kaufen kann – mit kleinen und großen Unterschieden. An manchen von ihnen wird tatsächlich gearbeitet – an anderen Macht demonstriert. In mini tragen sie dazu bei, dass junge Menschen Schulaufgaben erledigen – manchmal rutscht ein Buntstift aus und gleitet – geführt von einer kleinen Hand munter über die Tischplatte – verwandelt echte oder unechte Oberflächen in Labyrinthe, aus denen man nur mit Zauberkraft entweichen kann-Phantasie in ihrer ursprünglichsten Form. Ältere Finger hacken meist nervös auf mehr oder weniger klappernden Tastaturen herum – die wenigsten Hände sind noch in der Lage schön zu schreiben – die kritzeln höchstens nervös Männchen oder noch nervöser Zahlen auf meist hässliche Unterlagen, die eine noch hässlichere Oberfläche vor Zerstörung schützen soll.
Schaut man sich mal um, gibt es auch technische Raffinessen bei Schreibtischen – hätte James Bond einen, könnte der sich wahrscheinlich zu Land, zu Wasser und in der Luft bewegen und hätte eine ewig junge Moneypenny eingebaut.... Da ja die Gesundheitsapostel immer wieder vor zu langem Herumsitzen warnen, gibt es Schreibtische, die man auch im Stehen bedienen kann – mit mechanischen oder – oha – auch elektrischen Aufzugsmotoren ausgestattet. Es gibt rechteckige Exemplare und geschwungene – manche lassen sich freiwillig aneinander ketten, um vielen Menschen nebeneinander und gegenüber Platz zu bieten- die befinden sich meist in Großraumbüros. Seit kurzem haben Banker der ERSTEN nicht mal mehr einen eigenen Schreibtisch – die setzen sich einfach an einen, der gerade frei ist wenn sie im Büro sind und nicht unterwegs. Schade eigentlich – denn ein wesentliches Merkmal von Schreibtischen sind ja die Dekorationen ober- und unterirdisch, an denen man dessen Nutzer erkennt. Familienfotos im Silberrahmen findet man eher im Chefbüro – der Boss zeigt was er hat und selten zu Gesicht bekommt. In anderen Abteilungen fristen Radios, mehr oder weniger lebendige Grünpflanzen, seltsame Stiftbecher mit noch seltsameren Aufschriften (Mäuse, Sprüche aus den 70igern) neben unübersehbaren Aktenstapeln, Ablagekästen aus vielfarbigem Kunststoff und Schalen mit Millionen Büroklammern ein trostloses Dasein beleuchtet von kaltem Neonlicht. Unterirdisch versammeln sich Lurch und Alltagsgegenstände in Schubladen. Tristesse.
Ich hab es ja gern anregend – bei mir sieht es immer mal wieder wild aus am Schreibtisch. Da stapeln sich Materialmuster neben Designjournalen, liegen Rechnungen neben meinem allwissenden Notizbuch. Es gibt aber immer freie Sicht auf den Bildschirm, die Tastatur ist ebenfalls unbelegt und dahinter spannt sich der Blick über ein paar Dächer ins Grüne bis zur Sophienalpe. Ein kleiner Eimer – rot mit weißen Punkten beherbergt mindestens 100 Stifte – bunte und solche mit Bleiminen, Scheren und ein paar Pinsel. Und daneben steht mein Lieblingskleber – Coccoina. Unschlagbarer Duft nach Mandeln – Suchtpotential seit Kindertagen. Hier ist meine Denkzentrale – die ernsthafte.
Manchmal denke ich auch draussen beim Unkrautjäten, das hat was Kontemplatives. Wenn mir Lösungen eingefallen sind, setze ich mich an den Schreibtisch. Es ist ein einsames Arbeiten das ich sehr schätze. Jahrzehnte in Angestelltenbüros waren eine gute Erfahrung – Arbeiten hier ist ein Vergnügen: eigener Schreibtisch, eigene Perspektive, eigene Projekte. Wenn die Ideen, am Schreibtisch gesponnen, aufgeschrieben und mit genialen Partnern umgesetzt funktionieren, weiß ich: UND ALLES WIRD GUTh!