Das wunderschön geschwungene M ist Markenzeichen der 1903 gegründeten Firma Mühlbauer – es ziert Kopfbedeckungen modebewusster Menschen weltweit. Ich will wissen, wie die Hüte produziert werden und suche auf dem schwarz/weissen WIEN PRODUCTS Stadtplan eine Mühlbauer Filiale. Nach einem freundlichen Telefonat habe ich einen Termin mit der Werkstattleiterin Katharina Stecker und treffe ein paar Tage später am Schwedenplatz auf die Hutmacher.
Draussen ist Sommer, durch die weit geöffneten Fenster der langgestreckten Werkstatt dringt fröhliches Stimmengewirr.
Hier oben herrscht eher ruhige Geschäftigkeit. Entlang der Fenster sitzen die Mitarbeiter an Tischen und arbeiten an verschiedenen Hutmodellen.
„Wenn niemand auf Urlaub ist wie jetzt zu Ferienbeginn, sind 14 Mitarbeiter bei uns in der Werkstatt erzählt mir Katharina Stecker, eine junge Frau voller Energie und dirigiert mich durch Lagerräume, in denen die rohen Hutstumpen und Strohmodelle sorgsam gestapelt sind in einen weiteren Raum, aus dem uns Hitze entgegenschlägt.
Uff – im Sommer ist das sicher eine Herausforderung denke ich mir. Hier warten in Regalen die unterschiedlichsten Holzformen, mit deren Hilfe, einer gehörigen Portion Dampf und handwerklicher Geschicklichkeit die speziellen Hutmodelle entstehen. Gerade verschwindet ein blauer Stumpen in der kugeligen Dampfglocke mit antikem Aussehen. Hier wird er einige Minuten mittels Wasserdampf erwärmt und lässt sich leicht formen. Während die Dampfglocke ihren Dienst tut, schaue ich mich um. Eine ganze Wand nimmt ein Trockenofen mit seinen Kammern ein, der mit Gas befeuert wird und einem die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Den Kollegen, der hier in der Zurichterei seine Arbeit seit vielen Jahren verrichtet, scheint das nicht zu stören, er ist daran gewöhnt und nimmt öfters einen tiefen Schluck aus der Wasserflasche. Ich bekomme erklärt, wie das Material funktioniert und welche Modelle bereits Klassiker sind und immer wieder adaptiert in den Kollektionen auftauchen. Jetzt kommt der blaue Hut an die Reihe – er hat den perfekten Zustand zur Formung erreicht. Mit geübten Griffen wird der Stumpen auf die Lindenholzform gezogen und mit Nägeln fixiert. Danach werden Schnüre an genau bestimmten Stellen für spätere scharfe Kanten gesetzt und zum Schluß wandert der in Form gebrachte Rohling zum Trocknen in den ca. 70 Grad warmen Trockenofen.
Luc - ein bereits getrocknetes und abgekühltes Modell wird anschließend von der Form genommen und mit einem Spezialbügeleisen und feuchten Tüchern behandelt. Gar nicht so einfach, das Modell von der Holzform zu lösen. Jede der meist aus Naturhaarfilz bestehenden Hüte und Kappen hat ihre speziellen Erfordernisse – jede ist ein Unikat.
Nun wandern die Modelle nach vorn in die Werkstatt, wo sie mit der Garnitur ausgestattet werden.
Wie behält man da die Übersicht, was gerade produziert wird will ich wissen. Jedes Stück trägt einen Produktionsaufkleber, darauf sind Modell, Material, Größe und Farbe angegeben erklärt mir Katharina Stecker und ergänzt lachend – „das ist der maschinelle Teil unserer ansonsten analogen Produktion“. Wir produzieren vorwiegend auftragsbezogen und nicht auf Langer – die Kollektionen werden u.A. mit den WIEN PRODUCTS auf Messen in Paris und heuer auch in Shanghai präsentiert und die Bestellungen der Handelskunden später produziert. Ca. 8000 Hüte verlassen jährlich die Werkstatt im ersten Bezirk – 60% davon gehen an Händler in der ganzen Welt. Brad Pitt und Meryl Streep sind nur zwei der vielen celebrities, die die coolen Hüte aus Wien schätzen.
Geschickte Hände werken an der Vollendung der Hutmodelle. Hier werden die Hutbänder eingenäht, von Hand das „vorn Mitte“ Zeichen in den Hut gezaubert, die Garnitur aufgebracht, die jeden Hut besonders macht. Verschieden breite Bänder in hunderten Farben und Materialien, Federn und so weiter sind hier sauber aufgereiht in Kartons vorrätig. Jeder der Kolleginnen und Kollegen fertigt ein Modell komplett– je nach Vorgabe wird der Hut vollendet, der neben der Garnitur natürlich das Markenzeichen der Manufaktur – das M – erhält. Zum Schluß bekommt jede Kopfbedeckung noch einen ganz persönlichen „Stempel“ – nämlich den seines Produzenten - dessen Name ein rundes Schild ziert, das den Hut als Manufakturprodukt auszeichnet.
Sucht man auf den Berufsschulseiten der Stadt Wien „Modist/in und Hutmacher/in, sind dem Beruf keine rosigen Aussichten beschieden. Hier allerdings lebt das Handwerk. „Ach – ich war die Einzige in meinem Jahrgang“ erzählt mir Katharina Stecker, „früher hat fast jedes Theater einen Modisten gehabt – jetzt produzieren wir unter anderem die Bühnenmodelle für das Burgtheater.
Bei uns arbeiten auch Quereinsteigerinnen – ergänzt sie – es muß einfach stimmen, wenn jemand Geschick hat und es menschlich passt, dann freuen wir uns.“
Hier hat man sowieso den Eindruck, dass es passt: Mühlbauer - Hutmanufaktur in vierter Generation und seit 1903 am Markt – ist mit den Designs immer am Puls der Zeit.
Letztes Jahr erregte zum Beispiel der Reformhut international Aufsehen und gerade entsteht die neue Kollektion, die im September in Paris gezeigt wird. Ich darf einen Blick darauf werfen und bin begeistert.
Wie ist es, wenn jemand ganz bestimmte Vorstellungen von „seinem“ Hut hat? „Kein Problem, wir machen die meisten Hutträume wahr – gerade wurde ein Modell für eine Hochzeit ausgeliefert – passende Farbe zum Kostüm und Garnitur unter Verwendung des Kleiderstoffes.“
Ich vermute – die Kundin ist glücklich und wird mit ihrem Hut Bewunderung ernten.
Apropos Kunden – wer ist denn eigentlich typischer Mühlbauer-Kunde interessiert mich noch. Das wäre nur schwer zu sagen bekomme ich als Antwort – in jedem Fall sind es Menschen, denen das Handwerk und die Designs zusagen, die modeinteressiert sind und die es cool finden, einen Hut zu tragen. In den beiden Wiener Filialen hätte man auch unterschiedliches Klientel – während im ersten Bezirk in der Seilergasse eher Klassiker gefragt sind, werden in der Filiale in der Neubaugasse vermehrt ganz moderne Designs verkauft.
Begeistert verlasse ich die Werkstatt und bin überzeugt – die hervorragende Qualität der Hüte aus der Mühlbauer Hutmanufaktur ist in jedem Fall einen Spaziergang in die Wiener Filialen wert.
Dieser Beitrag entstand im Auftrag der WIEN PRODUCTS www.wienproducts.at