Die natürlichsten Zuckerlbauer von Wien

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein – ab und zu braucht er etwas Süßes – ein Zuckerl beispielsweise hilft im Ernstfall sogar gegen den Husten. 

Ich bin neugierig, wie in der Zuckerlwerkstatt in der Wiener Herrengasse produziert wird und verabrede mich mit Christian Mayer direkt in der Zuckerlwerkstatt. Ab 11.00 Uhr wird hier täglich vor den Augen der staunenden Zuschauer Zucker in wahrhafte Kunstwerke verwandelt. Als ich ankomme, habe ich Glück, ich bin allein mit den Meistern und so können sie mir – während sie die heiße Zuckermasse aus dem Kupferkessel auf die blitzblanke Tischplatte aus schwarzem Granat gießen und sie bearbeiten – meine neugierigen Fragen beantworten. 

 Mich interessiert, was denn gerade auf dem Produktionsplan steht – bzw. in was sich die 115 Grad heiße Zuckermasse verwandeln wird. Christian Mayer – der Gründer der Zuckerlwerkstatt und sein Mitarbeiter Philipp sind ständig in Bewegung – mit geübten Handgriffen und jeweils zwei Spachteln verteilen sie die heiße Zuckermasse auf der kühlen Granitfläche bevor der „Geschmack“ zugesetzt wird. 

 „Wir sind sehr genau, was unsere Inhaltsstoffe angeht“ - erfahre ich – „Wiener Zucker, etwas Traubenzucker und ausschließlich natürliche Zutaten schaffen es in die Wiener Zuckerln, die es in einer großen Vielfalt gibt. Für die sauren Drops heute – es sind 60 kg geplant – nutzt man Zitronensäure und natürliches Orangenöl. Deshalb wird die Masse in zwei Hälften geteilt – eine bekommt die Zitronensäure – die zweite das Orangenöl. Jetzt werden die beiden Massen zügig geknetet – erst mit der Spachtel und dann mit der Hand – die Masse soll ja gleichmäßig abkühlen und mit Geschmack versetzt werden...

 Während die beiden arbeiten, zählen sie mir die verfügbaren Sorten auf – darunter solche Exoten wie Litschi, Granatapfel, Honigmelone, und weiße Ribisl. Sie haben sich mit österreichischen Lieferanten zusammengetan, die ihnen gleichbleibend hohe Qualität der ausschließlich natürlichen Zutaten garantieren, die den Zuckerln ihr einzigartiges Aroma verleihen. Zum Färben verlässt man sich ebenso auf natürliche Zutaten – wie schwarze Karotte oder Spirulina - um hier zwei zu nennen. 

 Inzwischen haben sich einige Zuschauer hinter der Scheibe versammelt und verfolgen andächtig die Produktion. Die Masse ist noch immer ziemlich warm, zwischenzeitlich wurde sie kunstvoll über einen Haken an der Wand geschlungen und immer wieder gezogen – wobei sich die Farbe durch die Lichtbrechung von goldgelb in ganz helles Gelb verwandelt... Christian Mayer erzählt vor allem den Kindern, die ihre Nasen staunend der Scheibe plattdrücken, was gerade passiert, schneidet kleine Stückchen der warmen Masse mit einer Schere ab und verteilt sie unter den Zuschauern. Im Mund wird diese gerade noch sehr elastische angenehm warme Masse schlagartig fest – oh Wunder der Chemie! Die sauren Drops schmecken himmlisch noch bevor sie ihre äußere Schönheit erhalten haben. 

 Nun werden beide Farben – hellgelb und orange zu einem langen Strang verbunden und durch eine (selbst gebaute) Maschine geführt, die in gleichen Abständen den Zuckerstrang zusammendrückt, der am anderen Ende auf die blankpolierte Edelstahlfläche gleitet. Danach kann man die erkalteten Zuckerln ganz leicht in die vorgestanzten Elemente teilen und damit sie später nicht zusammenpricken, bekommen sie noch ein Bad in Staubzucker. So sind in knapp 45 Minuten ca.18kg Zuckerln entstanden. Ich will noch wissen, wieviele Zuckerln monatlich hergestellt werden und höre, dass man pro Monat zwischen 2 und 2,5 Tonnen produziert - ein Großteil davon sehr individuell für Firmen, die ihr Logo oder ihren Namen im süßen Lockstoff verewigen lassen oder für Hochzeitspaare, die ihren schönsten Tag versüßen wollen oder aber zu Weihnachten, Silvester oder anderen Anlässen, bei denen Besonderes angeboten wird. „Diese Zuckerln werden regelrecht gebaut, erklärt Christian Mayer, wir sind also Zuckerlbauer!“. In den coolen Videos kann man diese Herstellung verfolgen – zuletzt kamen die Wiener Walzenzuckerl dazu. Die Maschinen hierfür bekamen die Zuckerlmacher von einem pensionierten Unternehmer und restaurierten sie. Nun laufen sie wieder und begeistern große und kleine Fans. 

Überhaupt kümmert man sich hier um die Tradition und lässt das Handwerk, das bis in die 60iger Jahre sogar Ausbildungsberuf war – wieder aufleben. In den berühmten Heller Werken in Wien waren bis dahin ca 1400 Mitarbeiter mit der Zuckerlherstellung beschäftigt. Heute erinnern die Heller Zuckerln nach dem alten Katalog an diese Zeiten. 

 Bei aller Tradition ist man aber am Puls der Zeit und aufgeschlossen für besondere Projekte. So wurde zum Beispiel zur Vienna Design Week letzten September ein spannendes Projekt von Honey&Bunny zum Thema Zucker umgesetzt, das viel Aufmerksamkeit bekam. 

 Die Charge saure Drops sind fertig, ich bin begeistert vom Gehörten, bekomme noch eine Kostprobe und verabschiede mich von den Zuckerlmachern. 

Als ich die Herrengasse entlangschlendere, den herrlich sauren Geschmack auf der Zunge  - bin ich sicher – die Qualität der Zuckerln ist jedenfalls einen Spaziergang wert!

Dieser Blogbeitrag entstand im Auftrag der WIEN PRODUCTS www.wienproducts.at