Wir sind Handwerker - unterwegs zum Hemdenmacher Venturini

Hört man den Namen Gino Venturini – erzeugt es das Bild eines italienischen Signore mit Grandezza. Wiener - und nicht nur diese  - schätzen die erstklassigen Produkte, die untrennbar mit der Marke Gino Venturini verbunden sind – massgefertigte Herrenhemden. 

 Auf dem schwarz/weißen WIEN PRODUCTS Stadtplan findet man das Geschäft in der Spiegelgasse 9 – hier herrscht an fast allen Tagen ein reges Kommen und Gehen – die Kunden aus nah und fern geben sich praktisch die Klinke in die Hand.

Hier – unweit des Stephansplatzes  - wird Mass genommen, hier sucht sich der Hemdenliebhaber die Stoffe aus, wird fachmännisch beraten und bespricht den Schnitt des Hemdes, Knöpfe und besondere Details. Und hier holen sich die Kunden einige Wochen später ihre Bestellung ab.   

 Mich interessiert, wie die Hemden zu ihrem legendären Ruf kamen und produziert werden - ich verabrede mich mit dem Firmeninhaber und Chef Nicolas Venturini für einen Besuch in der Produktion. An einem sonnigen Septembertag fahre ich hinaus nach Niederösterreich in das beschauliche Örtchen Kleinrötz, wo das Herz der Marke schlägt. 

 Hier reihen sich die Ordner mit den individuellen Kundenschnittbogen aneinander, stapeln sich in großen Regalen hunderte Stoffrollen und hier sitzen die Damen und verwandeln Stoffteile in edle Hemden.

 Nicolas Venturini begrüßt mich in seinem Büro – im Minutentakt lassen Nachrichten und Telefonate sein Telefon läuten. Ich freue mich, dass er sich Zeit nimmt, mir von seinem Unternehmen erzählt und Fragen bereitwillig und ausführlich beantwortet. Er hat sein Handwerk im Blut – das spürt man sofort. Begeistert erzählt er, wie er in das Unternehmen hineingewachsen ist und es vor ein paar Jahren übernahm. Der Namensgeber der Marke, sein Vater Gino Venturini – ein geborener Triestiner -  war tatsächlich ein Grandseigneur und hat die Firma ins Rollen gebracht. Der Sohn führt die Geschäfte erfolgreich fort und geht mit der Zeit. Eines jedoch ist ihm extrem wichtig – die Handarbeit. 

 „Wir sind ein Familienbetrieb und wir sind Handwerker“ betont er, als wir durch die Produktion gehen. Er kennt alle seine Mitarbeiterinnen beim Namen – viele von ihnen sind schon ewig in der Firma und es herrscht tatsächlich ein sehr familiärer Umgang miteinander. 

 An den Tischen wird zugeschnitten – routiniert werden die Schnittbogen aufgelegt – immer das Ergebnis im Blick – die Streifen verlaufen kerzengerade – man denkt eben mit. Nebenan werden Hemdkragen und Manschetten verstärkt – viele unsichtbare Details, die ein Masshemd ausmachen. 

 Nicolas Venturini macht mich auf eine Besonderheit aufmerksam – das von Hand gestickte Monogramm. Es macht einen Unterschied, ob es mit der Maschine gestickt wird oder von Hand. „Das kann nicht jeder“ – erklärt er mir – „wir bieten ja auch unterschiedliche Schriften für das Monogramm an!“.  Während wir durch die Produktion gehen, prüft Venturini immer wieder einzelne Stücke, fragt seine Mitarbeiterinnen, ob etwas geklappt hat, das man gestern besprochen hatte und man hat das Gefühl, er kennt jeden einzelnen Auftrag. 

Zwischendurch bietet er rundum Schokobananen an und meint lächelnd, dass Schokobananen oder Leberkäs -Semmerln immer für gute Laune sorgen. Daran ist ihm viel gelegen. „Ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnte ich das Geschäft nicht betreiben“ sagt er – „ihre Fähigkeiten habe ich nicht. Ich kümmere mich um Vieles und fühle mich für alles verantwortlich.“ Das zahlt sich aus. 

Neue Stoffe zum Beispiel sucht er sehr gern aus – er entwirft auch eigene Venturini Designs, die individuell für die Marke in der Schweiz und Italien gewebt werden. „Alles Vollzwirn“ erklärt  er nicht ohne Stolz – zum allergrößten Teil sind die Stoffe aus reiner Baumwolle. Ich darf einige Stoffe angreifen und bin begeistert von der Qualität und dem extrem angenehmen Gefühl, das der Stoff auf der Haut hinterlässt. 

 Wir haben hunderte Stoffe immer vorrätig – das macht es möglich, dass der Kunde nicht ewig auf sein Hemd warten muß. Ich stehe staunend vor den vielen Stoffrollen – gefühlt hundert Streifen, Karos groß und klein, uni und mehrfarbig, kariert, gepunktet – den Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. 

 Bei einer Mitarbeiterin bleibe ich nochmals stehen  - hier bekommt das Hemd seine Knöpfe – auch die Positionen der kleinen Perlmuttknöpfe – die man aus dem Waldviertel bezieht – bleiben nicht dem Zufall überlassen. 

 Ist ein Hemd fertig genäht, gebügelt  und hat die strenge Qualitätskontrolle bestanden, landet es sorgfältig gefaltet in den wunderbaren dunkelgrünen Venturini Verpackungen. Jetzt ist es bereit für die Reise zum Kunden. Manchmal kommt ein Hemd nach Jahren wieder zurück zum Hemdenmacher– dann bekommt es neue Manschetten und einen neuen Kragen. Dafür hält man alle Stoffe vorrätig. Ein wunderbarer Nachhaltigkeitsgedanke und der Garant für lange Freude an einem Masshemd. 

 Ich bin beeindruckt vom Gesehenen und Gehörten und verabschiede mich von Nicolas Venturini. Die außerordentliche Qualität der Hemden ist in jedem Fall einen Spaziergang in die Wiener Spiegelgasse 9 wert!