Bezugserscheinungen

Mundl hatte welche. Genauso wie wahrscheinlich die Protagonisten vom Club 2. Wohnungen mit psychedelischen Mustern an Wand und Vorhang. In Farben, die von orange über braun bis hin zu senfgelb reichten. Alles war gemustert. Auch Hemden, Schlaghosen, Plateauschuhe kombiniert mit Vokuhila oder auftoupierten Monsterhelmfrisuren, die bei jedem Wetter hielten waren ein must have der Siebziger.

Solch farbenfrohe Moderevolution hatte es schon zwei Jahrhunderte vorher gegeben – im Biedermeier – der Name klingt nur bieder – setzte man voll auf Farbe – unglaublich, was es damals alles gab und man sich traute. Dagegen sind die monochromen fiftyshadesofgrey Behausungen heute farblos wie nur etwas. Man sieht also, es kommt alles wieder –jede Erscheinung hat ein Ablaufdatum, damit sie Jahrzehnte später als vollkommen neuer Trend fröhliches Wiederauferstehen feiern kann (ist eh gerade Pfingsten, passt also thematisch in den Jahreskreis).

Schauen wir doch mal kurz in die angesagten Gazetten, in denen die Trendscouts uns erklären, wie man wohnt, möchte man als designaffin und am Puls der Zeit sein. Wuchtige Möbel sind out. Selbst wenn die Sitzlandschaft vor 4-5 Jahren ein Vermögen gekostet hat und viel Schweiß beim Transport - sie ist uncool. In hingegen sind eher organisch geformte Einrichtungsgegenstände – wie Sessel, Couch, Tisch und Sideboard. Es dürfen auch wieder etwas höhere Sitzgelegenheiten sein, man plumpst nicht auf 30 cm niedrige Sofalandschaften, aus denen man sich nur mit Hilfe oder akrobatischen Yogaübungen in die Senkrechte zurückbegeben kann, sondern es ist durchaus erwünscht, sich locker erheben zu können. OK – in 10 Jahren kann das schon wieder ganz anders aussehen – jetzt ist es mal so. Mittelfest gepolstert kommen vor allem Sessel, Fauteuils und Sofas in den Handel.

Und die Bezüge? Die sind vielfältig wie nur was – Leder, Stoff – uni, gemustert, für drinnen und draussen – das volle Programm. Samtig in Pastell oder schweren Tönen mit Keder oder ohne, gesteppt oder glatt. Ein wahrer Riese ist inzwischen KVADRAT – skandinavischer Stoffverleger, der eine erstaunliche Entwicklung genommen hat in den letzten Jahren. Raf Simons, sonst eher für Fashion bei großen Marken bekannt, hüllt nun Möbel in seine Stoffkreationen, die er für die Dänen kreiert. Überhaupt, die Firma ist angesagt – fast alle großen Marken setzen auf die kvadratisch – guten Stoffe – und sind offensichtlich erfolgreich damit. Noch ein bekanntes Haus aus dem finnischen Teil des europäischen Nordens  ist Marimekko – die treiben es nach wie vor bunt und bedrucken weiße Stoffbahnen bis eine lustig bunte oder abstrakte Welt entsteht, die man sich dann über Pölster stülpen oder als Vorhang vor die Fenster ziehen kann. Zur Mittagsruhe könnte man da herrlich mit offenen Augen träumen, wenn die Sonne sanft durch den Vorhang schimmert.

Und Tapeten? Die sind auch wieder stark im Kommen. Aber nix psychedelisches, als eine Art Großformat macht der Papierbelag an der Wand Kunst. Echte. Heutzutage kann man sich sogar seine Wunschtapete bestellen. Glauben Sie nicht? Ist aber wahr. In Perchtoldsdorf haben sich ein Künstler und ein Siebdrucker zusammengetan und denken sich erstaunliche Sachen aus. Christian Beran und Miguel Henz geben ihren Werken dann Namen wie Mars&Venus – das Himmelreich ist nahe...

Wenn man dann auf seinem mit dunkelblauem Sammet bezogenen Daybed, den Kopf auf ein Marimekkopolster gebettet - tagträumt vor einer Mars&Venus Wand -  kann man sicher sein: UND ALLES WIRD GUTh!