Seit nunmehr 300 Jahren wird in Wien Porzellan hergestellt – Zeit, einmal hinter die Kulissen und in die Werkstätten der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten zu schauen. Auf dem Stadtplan der WIEN PRODUCTS finde ich schnell das Schloß im Augarten und mache mich auf den Weg. Daniel Bauer, der Marketingchef begrüßt mich und wir starten unseren Rundgang.
Ich bin an diesem Vormittag nicht die Einzige, die neugierig auf die Manufakturarbeit ist – hier kann man sich als Besucher einer Führung anschließen und wird in die Geheimnisse der Porzellanherstellung eingeweiht.
Wir stehen im Formenbau und die beiden Herren, die hier arbeiten, zeigen uns, wie aus einem Modell eine Gieß- oder Drehform gebaut wird. Gips ist ihr bevorzugtes Material und ihre Arbeit nie zu Ende – die Formen können nur ca. zwanzigmal genutzt werden, dann muß man wieder neue herstellen. Man nimmt es sehr genau mit der Qualität des Porzellans – hier brennen die Mitarbeiter für ihr Handwerk – so scheint es. Auch in der Figurenabteilung, wo gerade frisch gegossene Mäuse aus ihrer Form befreit werden, ist Konzentration gefragt – viele Einzelteile werden von ruhiger Hand zusammengesetzt, bis alles ausschaut, als sei es „aus einem Guss“.
Wir stehen vor einer Kabine, in der alle Teile mit Druckluft gesäubert und dann gestempelt werden. Gestempelt? Daniel Bauer erklärt mir, dass jedes Stück Porzellan auf der Unterseite den kobaltblauen Bindenschild trägt, die Marke der Wiener Manufaktur, die auf Maria Theresia zurückgeht. Was Augarten mit Maria Theresia zu tun hat interessiert mich. Und so bekomme ich einen kurzen Einblick in die wechselvolle Geschichte des Wiener Porzellans.
Vor 300 Jahren wurde Porzellan sprichwörtlich mit Gold aufgewogen und jeder Monarch war froh, wenn er einen Hersteller des delikaten Geschirrs um sich hatte. Claudius Innocentius du Paquier - Hofkriegsagent unter Karl VI erhielt 1718 für 25 Jahre die Erlaubnis, exklusiv Porzellan für Wien und die Kronländer herstellen zu dürfen. Er tat dies in der heutigen Porzellangasse ziemlich erfolgreich - 25 Jahre später war er jedoch pleite und Maria Theresia übernahm die Manufaktur in kaiserlichen Besitz. Diese erlebte bis 1864 einige wirtschaftliche und künstlerische Höhepunkte, ehe sie geschlossen wurde und der Bestand ins damalige Gewerbemuseum – das heutige MAK wanderte.
Erst 1923 besann man sich auf die Tradition der Porzellanherstellung und gründete die Wiener Porzellanmanufaktur Augarten am heutigen Standort. Wieder waren es Künstler wie Josef Hoffmann, Michael Powolny oder Ena Rottenberg, die u.a. als Mitglieder der legendären Wiener Werkstätte Designgeschichte schrieben und bis heute beispielhafte Entwürfe schufen.
Heute arbeitet man mit zeitgenössischen Designern zusammen und produziert modernes Porzellan genau so wie die traditionellen Entwürfe.
Ich bin beeindruckt und wir setzen unseren Rundgang fort.
In der großen Brennhalle sehen wir, wie viele Einzelteile für einen Glühbrand in den Ofen wandern – sauber und behutsam auf einen großen Wagen gestapelt – offensichtlich mit System. Der Brennmeister lacht „klar – hier muß man seinen Kopf immer bei der Sache haben – das rohe Porzellan ist sehr fragil“.
Nach dem ersten Brand bei ca. 980 Grad, bei dem das Porzellan fast vollständig austrocknet, wird es von Hand glasiert und dann erneu gebrannt. Ich sehe fertiges weißes Porzellan und wundere mich, warum es im Vergleich zu den ungebrannten Stücken viel kleiner ist. „Hartporzellan, wie wir es herstellen, wird beim sogenannten Glatt- oder Glasurbrand bei 1380°C gebrannt, erklärt mir der Brennmeister – es erreicht dabei nochmals fast seinen Schmelzpunkt und schrumpft um ca. 13%“. Na Wahnsinn – jetzt verstehe ich auch, wieso die Figuren lauten Stützen bekommen und Tassen auf Pomsen gebrannt werden... Nur so behalten sie ihre makellose Form. Ganz schön aufwändig. Klar- daß da ein Teller mehr als billig produziertes Geschirr aus Fernost kostet.
Wir sind inzwischen durch die Gießerei und Dreherei spaziert, haben gesehen, wie die fertigen Teile kontrolliert und geschliffen werden und machen uns auf ins Obergeschoss zur Malerei.
Hier ist es still - an ihren Arbeitsplätzen sitzen die Porzellanmaler und arbeiten. Jeder hat sich spezialisiert – da gibt es die Blumenmaler, die mit leichter Hand Rosen und Vergißmeinicht auf Teller und Tassen malen, daneben bekommen Figuren Kleider und Gesichter aufgemalt und wiederum andere Kollegen malen die perfektesten Ränder in Gold, Platin oder Farbe. Als ich frage, ob das echt ist, ernte ich energisches Kopfnicken. Nach dem Brand werden die Edelmetalldetails noch behutsam mit einem Achatstein poliert.
Ich bin wirklich begeistert von der Geschicklichkeit der Handwerker – die ihren Beruf als Berufung sehen, wie ich erfahre. Man lernt sein gesamtes Berufsleben immer wieder dazu und stellt sich neuen Herausforderungen erklären mir die Mitarbeiter.
Apropos Herausforderung – ist es wirtschaftlich heute noch sinnvoll, so aufwändig zu produzieren? „Man braucht Menschen mit Sinn für das Handwerk und Verständnis für den Manufakturgedanken“ – bekomme ich als Antwort und „unser Eigentümer erhält somit die Produktion von weißem Gold, die vor 300 Jahren in Wien begann“.
Ich verabschiede mich und verlasse beeindruckt die Manufaktur. Wenn ich das nächste Mal Kaffee aus Augartenporzellan trinke, hoffe ich, dass es die Manufaktur noch lange gibt – denn die erstklassige Qualität des Porzellans ist jedenfalls einen Spaziergang in die Manufaktur wert.
Dieser Blogbeitrag entstand im Auftrag der WIEN PRODUCTS. www.wienproducts.at